Ein Trugschluss bei vielen Leuten oder auch Unternehmen ist es, dass man zur Dokumentation von Geschäftsprozessen ein Profi sein muss. Dass es nicht immer professionelle Prozessmodellierung oder BPM-Experten erfordert, sondern eigentlich jedermann  qualitativ vernünftig Prozesse dokumentieren kann, möchte ich heute am Beispiel der LIPOK-Methode zeigen.

Die LIPOK-Methode

Die LIPOK-Methode ist eine einfache Methode, um Abläufe in Tabellenform zu beschreiben (einigen ist diese Methode vielleicht aus als SIPOC bekannt. Das ist der englische Ausdruck mit „S“ für Lieferant und „C“ für Customer, also die einfache Übersetzung.).Die Abläufe können dabei grob, aber auch sehr detailliert beschrieben werden. LIPOK steht dabei für:

  • L = Lieferant
  • I = Input
  • P = Prozess
  • O = Output
  • K = Kunde
LIPOK-Methode

LIPOK-Methode

Diese Begriffe bilden die Überschrift der Tabelle. In den Zeilen werden nun für jeden Tätigkeitsschritt die entsprechenden Informationen eingetragen:

  • L: Von wem stammt der Input?
  • I: was ist der Input in diesem Schritt, was wird zur Ausführung benötigt? Z.B. ein Dokument oder ein Werkzeug
  • P: was genau wird in diesem Schritt getan? Wie kann die Tätigkeit beschrieben werden?
  • O: Welchen Output erzeuge ich? Analog zum Input kann das z.B. ein Dokument, oder ein Produkt sein
  • K: wer ist der Empfänger des Outputs? Für wen mache ich das?

Die Tätigkeitsschritte in den einzelnen Zeilen sollten dabei logisch aufeinander folgen. Parallele Abläufe oder „Wenn-Dann“ Szenarien kann man entsprechend kenntlich machen.

Vor- und Nachteile der LIPOK-Methode

Der größte Vorteil der Methode ist bestimmt, dass jeder eine LIPOK-Liste ausfüllen kann, ohne dafür studieren zu müssen. Dafür reicht oft eine kurze Erklärung oder ein einfaches Beispiel einer ausgefüllten Liste. Zudem ist die Liste meist recht schnell von den entsprechenden Personen auszufüllen. Im Gegensatz zur Prozessmodellierung, wo auch die „visuelle Schönheit“ eine gewisse Rolle spielt, kommt es bei LIPOK nur auf den Inhalt an. Ein weiterer Vorteil ist, dass die LIPOK-Liste je nach Bedarf beliebig um weitere Spalten erweiterbar ist. Hier gibt es keine Konventionen oder Vorgaben. Man kann die Liste je nach Gegebenheit und Bedürfnissen jederzeit beliebig und individuell anpassen.

LIPOK

erweitertes LIPOK-Modell

Ein Nachteil von LIPOK kann sein, dass die Beschreibung nicht vollständig ist. Lässt man jemand die Liste für Abläufe ausfüllen, die er gut kennt oder sogar jahrelang ausübt, bleibt meist etwas auf der Strecke. Dies beruht darauf, dass diese Person die Dinge als selbstverständlich ansieht und / oder für nicht erwähnenswert hält. Wertvolle Informationen, z.B. für Prozessanalysen, oder wichtige Schritte zur Ausführung durch andere bleiben dann verborgen.

Als weiterer Nachteil ist zu erwähnen ist, dass Entscheidungen („entweder – oder“, „wenn – dann“) und parallele Tätigkeiten („und“) in einer solchen Tabelle nicht gut darstellbar und erkennbar sind. Dies ist bei der Prozessmodellierung deutlich besser, da dort solche Abzweigungen direkt erkennbar sind. Ebenso kann eine lange LIPOK-Liste zu Unübersichtlichkeit führen und eher verwirren, als für Klarheit zu sorgen. Prozessanalysen und Erkennen von Schwachstellen oder Potentialen ist somit kaum möglich.

Wie man die LIPOK-Methode einsetzen kann

Die LIPOK-Methode ist sehr vielseitig einsetzbar. Einerseits ist sie gut dafür geeignet, Prozesse und Tätigkeiten zu erfassen. Dies kann nicht nur im Rahmen von Projekten passieren, wo man regelmäßig Ist-Prozesse aufnehmen muss, sondern bei und für die tägliche Arbeit.

Andererseits lassen sich die erstellen Dokumente vielseitig im Tagesgeschäft nutzen, z.B.

  • um Mitarbeitern eine Checkliste oder Ablaufbeschreibung an die Hand zu geben oder
  • zur Unterstützung der Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Praktikanten oder Auszubildenden

Die LIPOK-Methode eignet sich ebenfalls bestens als Hilfestellung für Experten. So nutze ich die LIPOK-Methode gerne, wenn Prozesse schnell erfasst und dokumentiert werden müssen. Manchmal ist es aus zeit- oder Reisegründen nicht möglich, Prozesse gemeinsam aufzunehmen. Vor allem bei vielen Beteiligten ist die Terminfindung für Workshops problematisch. Eine „gründliche“ Durchführung der Prozesserfassung oder Prozessgestaltung ist da oft schwierig. In diesen Fällen lasse ich alle Beteiligten zunächst die LIPOK-Dokumente einzeln ausfüllen und bearbeite diese anschließend, indem ich z.B. entsprechende Prozessmodelle erstelle. Vorteile: Die Fachexperten können die Dokumente ausfüllen, wenn und wo es Ihnen am besten passt. In einem gemeinsamen Termin werden die Entwürfe dann finalisiert.

Besonders zu empfehlen: agiler Einsatz der LIPOK-Methode

Gerade bei einer solchen Vorgehensweise, also dass man eher ungeübte Personen die Vorarbeit der Dokumentation übernehmen lässt, bietet sich ein agiles Vorgehen an. Agil bedeutet dabei hier, dass man die Erfassung in kleine überschaubare Aufgaben trennt, die einerseits schnell erledigt werden sollen, andererseits aber auch schnell Lücken und Handlungsbedarf für die Dokumentation aufzeigen, die man frühzeitig korrigieren kann.

Mit der LIPOK-Methode kann das z.B. so aussehen:

Schritt 1:

  • Ausfüllen der Tätigkeitsabfolge (inkl. Parallelen und / oder Verzweigungen)
  • Zeitdauer: 1 Woche

Schritt 2:

  • Zusätzliches Ausfüllen der Lieferanten und Kunden
  • Zeitdauer: 1 Woche

Schritt 3:

  • Finalisierung durch Ausfüllen von Input und Output
  • Zeitdauer: 1 Woche

Schritt 4:

  • Gemeinsame Finalisierung und Freigabe

Die Modellierung der Prozesse kann bereits nach Schritt 1 beginnen und parallel bis zur Fertigstellung laufen. So können alle Beteiligte die Zeit sinnvoll nutzen.

Fazit

DokumentierenIrgendwo habe ich mal gehört oder gelesen, dass man für BPM nicht mehr braucht als ein Blatt Papier, einen Stift und seinen Kopf. Was vielleicht ein wenig trivial klingen mag, hat doch einen gewissen Wahrheitswert. Denn Prozesse für bestimmte Zwecke zu dokumentieren, auch auf einem gewissen Niveau, ist gar nicht mal so schwer, wie man sich das ab und an vorstellen mag. Durch die LIPOK-Methode lassen sich Prozesse z.B. recht einfach von „Jedermann“ dokumentieren. Sie kann aber auch dazu genutzt werden, um Profis sinnvoll zu unterstützen.

 


3 Kommentare

  1. Diese Methode hat sich in meinem Unternehmen auch schon bewährt, mir war sie bislang aber nur unter der englischen Bezeichnung SIPOC bekannt. Die Fachabteilungen können damit auch ohne Modellierungskenntnisse Prozesse dokumentieren. Beispielsweise wurden damit die verschiedenen Fälle von Vertragsstornierungen strukturiert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Termine

Freitag, 15.09.23, 9 – 13 Uhr
Kompakt Workshop „KI-unterstützte Prozessdokumentation“

Anmeldung: -> hier klicken

NN
Workshop „Anleitung Strukturoptimierung – Prozesse aufräumen mit System“

Termine und Anmeldung: -> hier klicken

 

Newsletter
Abonniere den Prozessmaler Podcast
Vernetzung & Kontakt

Durch das Fortsetzen der Benutzung dieser Seite, stimmst du der Benutzung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen", um Ihnen das beste Surferlebnis möglich zu geben. Wenn Sie diese Website ohne Änderung Ihrer Cookie-Einstellungen zu verwenden fortzufahren, oder klicken Sie auf "Akzeptieren" unten, dann erklären Sie sich mit diesen.

Schließen