Design Thinking ist mittlerweile mehr als nur eine Modeerscheinung oder eine weitere kreative Methode. Wer anfänglich vermutet, dass Design Thinking nur war für die kreative Szene ist, irrt gewaltig. Denn inzwischen hält der Ansatz längst Einzug in allen Branchen, von Industrie bis zur Produktentwicklung und Marketing. Was also ist dieser Ansatz, und was kann man im Business Process Management vielleicht erfolgreich einsetzen? Ich glaube fast alles oder zumindest sehr Vieles. Als erstes Beispiel dafür möchte ich Prozessworkshops etwas näher unter diesem Gesichtspunkt erläutern.
Was ist Design Thinking
Definitionen gibt es viele. Mit meinen eigenen Worten würde ich Design Thinking folgendermaßen beschreiben: „Ein Ansatz, der versucht, Probleme zu lösen oder neue Ideen zu schaffen, dazu fest definierte Prinzipien zu Team, Raum und Prozess vorgibt, und voll auf den Nutzen des Anwenders (=Kunde) ausgerichtet ist.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass die Arbeit in multidisziplinären Teams gefördert oder sogar verlangt wird. Auch und vor allem, wenn die Teams fachlich gar nichts miteinander zu tun haben. Etwas, dass man in Teilen sicherlich auch im Prozessmanagement und speziell Prozessworkshops findet. Dann ist dies meist zufällig entstanden und den Beteiligten oder Initiatoren gar nicht wirklich bewusst.
Die Sichtweise ändern oder erweitern
Hintergrund der multidisziplinären und auch artfremden Teams ist, neue Sichtweisen zu erlangen und somit auch den eigenen, oft fachbegrenzten Horizont zu erweitern. Denn wie wir bestimmt alle wissen oder schon einmal erfahren haben, führt Gewohnheit und Routine oft zu „Scheuklappen“ oder Prozessblindheit. Das ist völlig normal. Viele fassen ein solches Urteil leider als Beleidigung auf oder fühlen sich anderweitig angegriffen. Dabei sind es dann genau diese artfremden Personen, die diese Scheuklappen wieder aufklappen können und in der Diskussion oder Teamarbeit automatisch den Horizont erweitern – auf beiden Seiten.
Sichtweisen in Prozessworkshops
Aus meiner Erfahrung werden Prozessworkshops meist folgendermaßen geplant: man lädt alle involvierten Stakeholder ein, die fachlich oder thematisch mit dem Thema des Workshops zu tun haben. Das ist auch gut so, da die passende und vollständige Teilnehmerauswahl wichtig ist. Was dabei aber ganz fehlt: die im Design Thinking geförderte und geforderte andere Sichtweise. Die ist in solchen Workshops oft nur durch eine Person vertreten: der Externe, z.B. Moderator oder Berater.
Dazwischen gibt es vielleicht auch noch eine Art „Zwischengruppe“. Das sind diejenigen Stakeholder, die zwar irgendwie mit dem Prozess zu tun haben, oder irgendeinen fachlichen Input dazugeben müssen / sollen, aber inhaltlich nicht oder nur wenig mit dem Prozess zu tun haben. Ein Beispiel ist z.B. ein Mitarbeiter aus der Rechts-Abteilung, der bei bestimmen Prozessschritten die Rechtskonformität sicherstellen soll. Das kann der Mitarbeiter dank seines Fachwissens im Thema Recht, den Prozess an sich kennt er aber kaum. Von solchen „Zwischengruppen“ kommt – so immer wieder meine Erfahrung – oft sehr wertvolles Feedback oder sehr wertvoller Input, da sie die Abläufe völlig unbedarft und neutral sehen. Und somit eine ganz andere Sichtweise haben als andere Beteiligte, die sich mit den Prozessen regelmäßig, oft schon über lange Jahre, beschäftigen.
Empfehlung
Prozessworkshop ist nicht gleich Prozessworkshop, deswegen darf man das hier nicht alles so verallgemeinern. In Workshops zur Prozessaufnahme ist es mit Sicherheit wenig förderlich, „Fremde“ an den Tisch zu holen. Bei Workshops zur Prozessgestaltung oder Prozessoptimierung dagegen können externe Sichtweisen dazu verhelfen, ganz neue Perspektiven zu erkennen. So können ganz neue Ideen entstehen oder Probleme auf etwas andere Art gelöst werden. Das Design Thinking liefert hierzu schon viele Erfolgsbeispiele. Und auch agiles BPM ist schon lange kein Fremdwort mehr. Deswegen kann ich nur empfehlen: einfach mal zu einem Workshop ein oder zwei themenfremde Personen einladen. Diese natürlich vorab über die Hintergründe und Ziele informieren. Uns selbst wenn es nur Personen der Zwischengruppe sind, ist das schon ein Anfang. Und dann einfach was ganz Agiles machen: ausprobieren und testen, ob solche Beteiligte einen Mehrwert liefern können.
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