Es gibt viele Wege, Prozesse aufzunehmen, zum Beispiel im Rahmen von Workshops oder durch Interviews und Befragungen. Die Methode ist dabei immer recht ähnlich: man versucht, durch die richtigen Fragen die richtigen Informationen zu bekommen. Leichter gesagt als getan.
Was passieren kann
Egal wie oft man mit den Beteiligten spricht, egal wie ausführlich, man kann nie wirklich sicher sein, ob man alle Informationen bekommen hat, bzw. die Informationen, die man wirklich braucht. Klar, es kommt natürlich auch drauf an, wie detailliert man die Prozessaufnahme braucht. Es kann auch gut sein, wenn die Personen ihre Erzählungen nicht bis ins allerletzte Detail runter brechen. Da besteht nämlich die Gefahr, dass man sich im klein-klein verrennt.
Dazu kommen zwei weitere Szenarien:
- Man merkt schon, dass man irgendwie abgespeist wird. Der Klassiker: „Das machen wir schon immer so.“
- Man merkt, dass man den Kern noch nicht getroffen hat, weiß aber, dass es vermutlich daran liegt, dass man noch nicht die richtige Frage gestellt hat. Und zwar eine Frage in der Form, dass der Gegenüber auch zum „richtigen Denken“ und somit zur richtigen Antwort geleitet wird.
Es gibt ein Mittel für solche Fälle, das sich seit Jahren bewährt hat.
Die 3 ultimativen Fragen
Wer jetzt vermutet, ich präsentiere gleich wahnsinnige Geheimnisse oder Methoden, den muss ich leider enttäuschen. Wie immer ist die Lösung recht einfach. Und viele nutzen Sie wahrscheinlich in einfacher Form sowieso schon. Mit einfacher Form meine ich, dass die Frage genauso gestellt wird, aber eben nur einmal. Die 3 ultimativen Fragen sind nämlich die gleichen:
1.Frage: Warum?
2.Frage: Warum?
3.Frage: Warum?
Die erste Warum-Frage
Der Mensch ist es gewöhnt, ständig „warum“ zu hören. Jeder von uns ist – privat oder beruflich – ständig dieser Frage ausgesetzt. Man ist quasi schon abgestumpft. Die Folge ist oft, dass man mit irgendwelchen Standardfloskeln antwortet:
- „Das weiß ich (gar) nicht (genau)“
- „Das machen wir schon immer so“
- „Hm, gute Frage“
Und auch wenn andere, inhaltliche Fragen kommen, ist der Gehalt meist wenig brauchbar. Deswegen habe ich oft festgestellt, dass man mit diesem Ergebnis in der Regel noch nicht dort ist, wo man gerne sein möchte. Vor allem, wenn es wirklich um Details, Zusammenhänge und Hintergründe geht.
Die zweite Warum-Frage
Deswegen stelle ich, egal welche Antwort kommt, immer direkt nochmal die Warum Frage:
- Frage: „Warum legst du das Dokument dort ab?“
- „Die werden später abgeheftet“
- Frage: „Und warum werden die abgeheftet?“
- „Die werden archiviert“
Mit der zweiten Frage kriegt man meist schon ein wenig mehr Informationen, weil der Gefragte mehr denken muss. In diesem Beispiel erfährt man, dass es eigentlich gar nicht ums Abheften, sondern ums Archivieren geht.
Die dritte Warum-Frage
Aber das ist noch nicht alles. Man hat zwar jetzt eine „bessere“ Information, aber irgendwie fehlt noch das Drum-Herum. Deswegen stelle ich auch immer die dritte Warum-Frage:
- Frage: „Und warum werden die archiviert?“
- „Wir müssen die Dokumente laut Vorschrift 10 Jahre archivieren. Deswegen packen wir das alles in Ordner mit der Monats- und Jahreszahl, und lagern es dann in den Archivräumen“
In diesem Beispiel sieht man, dass man jetzt zum eigentlichen Kern vorgedrungen ist. Das Abheften resultiert aus einer Vorgabe, die eingehalten werden muss. Und endet in den Archivräumen. Das ist jetzt eine Information, mit der ich (erstmal) weiterarbeiten kann, weil sie genügend Informationen und Zusammenhänge liefert.
Aus meiner Erfahrung reichen drei Warum-Fragen. Man sollte mindestens drei stellen, natürlich hängt es aber immer von Gesprächspartner ab, ob es weniger werden oder sogar mehr.
Fazit
Wenn man in Prozessaufnahmen die wirklichen Hintergründe und Kerninformationen aus den Personen quetschen möchte, reichen oft einfache Fragen nicht aus. Es ist nützlich, die Befragten über die richtigen Fragen beim Denken und Antworten zu unterstützen. Dazu muss man sich keine komplizierten Fragen oder Methoden überlegen. Einfach so lange „Warum“ fragen, bis man die gewünschten Informationen erhält.
Hallo Bernd,
vielen Dank für den Artikel.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich in unserem Telefonat (liegt nun auch schon über ein halbes Jahr zurück) die Parallelen zur Sesamstraße angemerkt hatte.
Im Titelsong heißt es ja auch „Wieso, weshalb, warum“. Hier wird ebenfalls drei Mal gefragt. (Nachdem im ersten Teil „Wer, wie, was“ gefragt wird – das passt ebenfalls gut in die Prozessaufnahme .-) )
Ich finde mittlerweile Warum nicht mehr stark genug. Das Warum hat für mich einen starken Vergangenheitsbezug. Also, warum wird es jetzt so gemacht. Ein Wozu passt nun wohl besser. Da steckt für mich ein Grundbezug hinter.
Wir möchten ja hauptsächlich wissen, welche Ziele mit dem Ablauf verfolgt werden.
Warum macht Ihr das jetzt? Und wozu macht Ihr das jetzt? – klingt ähnlich, gibt den Kunden / Befragten mit entsprechendem Hinweis aber den passenden Dreh für seine Antwort.
Was denkst Du?
Beste Grüße aus Lübeck
Hallo Mike, bin ich absolut bei dir! Warum & Wozu, das ist net gute Kombi!