Der Traum vieler Männer: ein neues Auto muss her. Und man hat meist schon ein paar Ideen, was es werden sollte. Also machen wir uns auf ins nächste Autohaus. Ein erster grober Check, und wie automatisch laufen die Füße dorthin, wo man sich am ehesten angesprochen fühlt. Und falls nicht schon vorher abgefangen, taucht recht schnell der erste Verkäufer auf.
Träume verkaufen
Die Autoverkäufer sind Spezialisten darauf, uns unsere Träume zu verkaufen. Sie erkennen genau, was wir wollen, und schaffen dadurch die richtigen Bilder in unserem Kopf. Mit 250 Sachen über die Autobahn. Genug Platz für die ganze Familie und Kinderwagen. Absolut sparsam und findet überall eine Parklücke. Egal was, Sie unterstützen uns dabei, eine Wahl zu treffen, die gut zu unseren Vorstellungen passt.
Dann ist es endlich soweit. Wir holen die Karre ab. In der Regel, so meine Erfahrung, gibt es dann noch eine kurze Einweisung:
- Den Sitz kannst du hier verstellen
- Der Tempomat funktioniert mit diesen Knöpfen
- So klappst du die Sitze um, wenn du viel laden muss
Noch weitere Fragen? Hier gibt’s ja noch das Benutzerhandbuch. Und los geht’s.
Und was fehlt?
Gleich vorweg: die Autoverkäufer haben bisher ihren Job optimal gemacht. Es gibt aber noch ein paar Dinge, die fehlen:
- Der Autoverkäufer erklärt uns nicht die Verkehrsregeln. Die setzt er voraus. Die müssen wir in der Fahrschule lernen.
- Der Autoverkäufer zeigt uns auch nicht, wie man rückwärts einparkt. Das lernt man auch in der Fahrschule, theoretisch und in ein paar praktischen Übungen. All die anderen unzähligen Einparksituationen müssen wir dann allein meistern.
- Der Autoverkäufer erzählt uns auch nicht, dass auf den Straßen noch viel mehr Verkehrsteilnehmer unterwegs sind, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen, und somit unseren Interessen im Weg stehen können. Auch andere wollen schnell fahren und können das vielleicht sogar besser; andere wollen gar nicht schnell fahren, womit wir dann unser schnelles Auto gar nicht ausnutzen können.
Das Ergebnis: Ja, unser Traumauto erfüllt hier und da seinen Zweck. Es gibt aber viele Faktoren, die dieses Glück beeinflussen können. Diese sind einem nicht immer bewusst.
- Wenn Sie an einer roten Ampel halt machen, großartig. Wenn andere das nicht tun, kracht es.
- Wenn Sie wissen, dass ihr Auto einen Blinker hat und wie der funktioniert, super. Wenn Sie nicht wissen, wann und wie der zu nutzen ist, kann es zu großen Schäden führen.
- Wenn Ihr Auto eine Allrad-Funktion hat, Sie aber keine Ahnung, unter welchen Bedingungen Sie am besten nutzen, dann ist das nutzlos.
- Wenn Sie endlich von 0 auf 100 in 8sek fahren können, aber mitten in der Großstadt wohnen, dann ist das schön für Ihre Wochenendfahrten, hilft Ihnen aber bei der täglichen Fahrt zur Arbeit nicht weiter.
- Wenn Ihr Cabrio-Zweisitzer endlich da ist, aber der Rest der Familie nicht ins Auto passt…nun ja, Sie ahnen es…
Genau das passiert oft beim Kauf neuer IT-Tools
Jetzt versuchen wir einfach mal, den Autokauf auf die Anschaffung / Aktivierung von IT-Tools und Software-Lösungen in den Unternehmen zu transferieren:
- Sie suchen Unterstützung durch IT-Tools; was Sie suchen, wir maßgeblich von Ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen geprägt
- Ihr IT-Berater / Mitarbeiter zeigt Ihnen hierfür passende Lösungen; ob Sie die Verkehrsregeln kennen, wirklich jeden Tag mit 250km/h fahren oder die Anschaffung auch für Ihre Familie vernünftig ist, spielt meist keine oder eine sehr untergeordnete Rolle.
- Vor der Einführung wird alles so eingestellt, wie Sie das gerne hätten (Customizing) und die Nutzer werden auf die Funktionen geschult. So benutzt du den Blinker, so ziehts du die Handbremse, da vorne ist das Motor-Öl drin. Wann und wie diese Funktionen individuell im Tagesgeschäft zu nutzen sind, wird höchstens mal angeschnitten
- Sie fahren Ihr Tool nun Tag für Tag. Und irgendwann merken Sie: sieht gut aus, fährt auch toll, aber ist eigentlich nicht das, was mich ganzheitlich weiterbringt.
Erfahrungsbeispiel aus der Praxis
In letzter Zeit führen viele Unternehmen Microsoft Teams ein. Ein wunderbares Tool, das mein Team & ich schon seit der Einführung nutzen.
Was gemacht wird:
- Der IT-Admin kauft und implementiert MS Teams. Er sorgt für Sicherheit, legt die Benutzer an und vergibt die Berechtigungen.
- In kleinen Schulungen wird das Tool trainiert. So legt man Teams und Kanäle an; hier kannst du mit deinen Kollegen schreiben und sie markieren; und selbstverständlich: so kannst du Videokonferenzen planen und durchführen
Was (leider) oft fehlt:
- Klare Regeln: wo wird gechattet, wo in die Kanäle gepostet. Und was wird dort reingeschrieben
- Was passiert mit den Dateien (MS Teams legt neue Ordnerstrukturen an!)? Wie passt das zum Rest der Verwaltung und Ablage?
- Allgemein: wie ist Teams in unsere regulären Abläufe eingebunden und wie erleichtert es und das Arbeiten? Wie ist es verknüpft bzw. abgegrenzt mit anderen Tools, z.B. der Warenwirtschaft oder unserem Buchhaltungssystem?
Fazit
Autoverkäufer, IT-Berater & Admins, Software- & Toolhersteller: sie alle erfüllen Ihre Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen. Wer allerdings Lösungen sucht, die gesamtheitlich gewinnbringend funktionieren, der braucht ein wenig mehr. Unternehmerische Entscheidungen sollten zu dem Detailblick immer auch auf einer ganzheitlichen Perspektive beruhen. Hier ist zu empfehlen, vorab genau zu prüfen und festzulegen:
- Welche Abläufe und Aufgaben sind betroffen. Welche Zusammenhänge und Wechselwirkungen gibt es.
- Wer ist beteiligt. Wie werden Informationen und Daten ausgetauscht. Wer soll was wie nutzen.
- Wann und wie muss miteinander kommuniziert werden. Wann ist keine Kommunikation notwendig.
- Welche Systeme & Tools sind bereits im Einsatz.
So verschaffen Sie sich ein Bild, auf dem Sie fundierte Entscheidungen treffen können, auch auf sachlicher Ebene.