Heute geht es mal nicht um die Prozessmodellierung, sondern um den Modellierer. Eine Frage, die ich mir nämlich schon oft gestellt habe, und die ich auch schon oft mit Kollegen, Kunden und Vermittlern diskutiert habe: Brauche ich als Prozessmodellierer Branchen- oder Fach-Know-How? Ist dies eine zwingende Voraussetzung zur Erfüllung meiner Tätigkeiten, oder eher ein optionaler Bonus? Oder überhaupt nicht notwendig?

Ich möchte meine Meinung gleich vorweg nehmen. Ich persönlich bin der Ansicht, dass ein Prozessmodellierer eigentlich kein fachliches Branchen-Know-How braucht, oder es zumindest nur eine Nice-to-Have-Option ist. Wie ich dazu komme, ist eigentlich ganz leicht durch die Tätigkeiten nachvollziehbar, mit der man als Prozessmodellierer am Öftesten beschäftigt ist: der Prozessaufnahme und der Prozessmodellierung. Und dort ist für mich vor allem die Methodenkompetenz ausschlaggebend.

In der Prozessaufnahme, z.B. durch Interviews oder in Workshops, ist eine gute Vorbereitung die Basis des Erfolgs. Und dann die Fähigkeit, durch geschickte Fragestellungen Zugang zum Wissen der Beteiligten zu erlangen. Also reines Methodenwissen. Branchen-Know-How ist hier mit Sicherheit förderlich, wenn es um das Verstehen von Fachtermini geht; aber auch das kann ich erfragen. In manchen Situationen ist es vielleicht sogar von Vorteil, kein Branchenwissen zu haben. Denn dann gehe ich mit der oft zitierten externen Brille an die Sache, bin nicht voreingenommen und werde noch mehr Fragen stellen. Fragen, die manch einen Teilnehmer auch dazu bringen, über etwas Gewohntes nochmal genau nachzudenken. Und nicht selten passiert es, dass man dann merkt, dass etwas vielleicht besser geht als das, „was man schon immer so macht“.

In der Prozessmodellierung dann, und ich denke das ist dann auch weniger die Diskussion, brauch ich das Know-How über Notationen, Tools und Konventionen etc., Branchenwissen hilft mir da wenig.

Für alle, die sich die Frage jetzt vielleicht stellen: Ja, auch ich bewege mich oft (und gerne) in gewohntem Umfeld. Werbe aber nicht mit diesem Wissen und versuche oft, auch mal Neues zu entdecken und über den Tellerrand zu schauen. Denn mit meiner Methodenkompetenz kann ich das auch in „fremden“ Branchen, da bin ich davon überzeugt. Anders mag das, und das will ich auch nicht anzweifeln, sein, wenn fachliches Know How gefordert ist, um z.B. neue Prozesse zu entwickeln.

2 Kommentare

  1. Hallo Herr Zellner,

    auch eine interessante Frage! Umso interessanter, wenn es keine klar definierten Vorgaben zum Detaillierungsgrad gibt, z.B. über Prozesspyramiden oder ein Ebenenkonzept.

    Wobei es natürlich interessant wäre herauszufinden, wo der Aufwand genau gelegen hat….Prozessaufnahme oder Modellierung, oder formale Dinge wie Abstimmungen, Überarbeitungen?

    VG Bernd Ruffing

  2. Hallo zusammen,

    ich vertrete eine ähnliche Sichtweise und sehe ebenfalls im Rahmen einer Prozessmodellierung die Methodenkompetenz als ausschlaggebenden Faktor für eine erfolgreiche Prozesserhebung bzw. -modellierung. Ich vertrete jedoch die Meinung, dass die anzuwendende Notation bzw. die Modellierungssrache durch die Branache determiniert werden kann. Zumindest in diesem Bereich sollte eine gewisse Branchenkenntnis vorhanden sein. Diese ist m. E. aber leicht zu erschließen.

    Eine Frage, die ich mir immer wieder im Rahmen der Prozessmodellierung stelle, ist die nach dem Detaillierungsgrad und dem damit verbundenen Aufwand. Natürlich erhält man als Prozessmanager über die Prozessmodellierung das erforderliche Wissen zur Analyse und zum Redesign der Prozesse. In einer ex-post Betrachtung erfolgreicher Projekge habe ich mich jedoch schon häufig gefragt, ob ein ähnliches Ergebnis nicht auch mit weniger Aufwand im Rahmen der Modellierung hätte realisiert werden können.

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